Fünf Minuten für eine attraktivere Stadt
Ein Beitrag von Jörg Breulmann (SPD), Sachkundiger Bürger im Finanzausschuss
Die Altstadt von Bad Belzig ist etwas Besonderes, sie ist aus vielerlei Gründen das „Herz der Stadt“. Es ist daher schon seit langem das Ziel vieler Bad Belziger – vor allem der Anwohner und Gewerbetreibenden – die Altstadt aus eigenem Interesse und auch für die Touristen nicht nur zu erhalten, sondern sie auch weiter zu entwickeln. Die Corona Krise hat die Herausforderungen für alle Innenstädte, auch die Bad Belziger, noch einmal erhöht. Die sprunghafte Zunahme des Online-Handels sowie die Konzentration großer Handelsketten auf wenige attraktive Standorte drohen die Innenstädte zu veröden. Die angekündigte Schließung der Commerzbank Filiale sollte für unsere Stadt ein Warnsignal sein.
Es gilt daher die Attraktivität unsere Innenstadt spürbar zu steigern. Ein Hauptproblem ist dabei die Belastung durch den Verkehr.
Allerdings stoßen hier immer wieder verschiedene Interessen aufeinander. Für Anwohner und Besucher wäre eine möglichst umfassende Reduzierung von Lärm und Abgasen ideal. So würde die Wohn- und Aufenthaltsqualität deutlich verbessert. Weniger Verkehr würde auch ein längeres Verweilen in der Innenstadt fördern und einen höheren Konsum, nicht nur im Bereich der Gastronomie, ermöglichen. Nicht zuletzt würde der bauliche Bestand geschützt.
Berechtigte Einwände kommen hier aber von Seiten der Einzelhändler, Dienstleister und Mediziner. Kunden und Patienten, oftmals in ihrer Mobilität eingeschränkt, sollen Geschäfte und Praxen ungehindert erreichen können. Wichtig ist auch zu sehen, dass die Gebäude in der Altstadt auch gerade von den Gewerbetreibenden in bewundernswerter Weise erhalten wurden und werden.
Dass es jedoch beim derzeitigen Stand nicht bleiben kann, ist bereits in der Vergangenheit mehrfach schriftlich von Experten dargelegt worden: Bereits im Jahr 2014 hat das Büro IVAS / Dresden einen „Integrierten Verkehrsentwicklungs- und Lärmminderungsplan“ vorgestellt. Das gleiche Büro schlägt im „Lärmaktionsplan 2018“ Maßnahmen zur Minderung des Lärms in der Altstadt vor. In der „Analyse und Fortschreibung der Kurortentwicklung“ wird vom Büro ift im Jahr 2019 eine Verkehrsberuhigung als noch offene Maßnahme zur Kurortentwicklung angemahnt.
Trotz vieler Diskussionen der Stadtverordneten und auch einiger Bemühungen der Stadtverwaltung konnte der Autoverkehr in der Altstadt bisher jedoch nicht entscheidend verringert werden. Wer sich aber z. B. die Verkehrssituation an der Einmündung Straße der Einheit in die Sandberger Straße anschaut, weiß, dass der aktuelle Status einer Kurstadt unwürdig ist und akuter Handlungsbedarf besteht!
Es entspricht dem politischen Verständnis der SPD-Fraktion bei Erkennen von Problemen aktiv zu werden und eigene Vorschläge – z. B. in Form von Anträgen an die Stadtverordnetenversammlung bzw. deren Ausschüsse – zu unterbreiten. In diesem Fall folgt die SPD-Fraktion auf diese Weise sogar einem Aufruf der Stadtverwaltung an alle Bürger zum Thema Verkehrsentwicklung (Verkehrskonzept )
Die SPD-Fraktion hat also nach einem Weg gesucht, den Verkehr in der Altstadt zu reduzieren, ohne jedoch die Erreichbarkeit der Geschäfte, Büros, Arztpraxen und Wohnungen etc. in der Altstadt einzuschränken. Es ist völlig klar, dass z. B. ältere Menschen zum Arzt oder Friseur gefahren werden können, dass es möglich bleibt, sperrige Güter vom Einzelhandel abzuholen und der Lieferverkehr (ob LKW oder Paketdienst) seine Kunden erreicht. Selbstverständlich muss die Altstadt für die bestehenden Einzelhändler und Dienstleister attraktiv bleiben!
Aber müssen die Straßen der Altstadt genutzt werden, um Wege z. B. von der Berliner Straße in Richtung Wiesenburg/Lübnitz (zumeist noch in sehr sportlichem Tempo) abzukürzen? Hier sagt die SPD-Fraktion nein und hat nach einem Weg gesucht, die Dauer der Wege durch die Altstadt etwas zu verlängern und damit diese Abkürzung für den Durchgangsverkehr unattraktiver zu gestalten. Da die Einführung einer „Tempo-20-Zone“ durch die zuständige Stelle der Kreisverwaltung erstaunlicherweise nicht genehmigt wurde, bleibt aus Sicht der SPD-Fraktion nur die Verlängerung der Fahrtwege durch die Altstadt in Richtung Wiesenburg / Lübnitz um ca. 3-5 Minuten.
Daher wurde von der SPD-Fraktion der Antrag gestellt, die Ausfahrt aus der Altstadt in Richtung Norden nur noch über die Niemöllerstraße zu gestatten. Die Lübnitzer Straße bleibt als Zufahrtsstraße für die Altstadt erhalten, aber sie darf nicht mehr als Ausfahrt aus der Stadt benutzt werden. Selbstverständlich gilt die neue Verkehrsführung nicht für Rettungsdienste, Busse und den Lieferverkehr.
Der über die Niemöllerstraße gelenkte Verkehr würde sich über die Ernst-Thälmann-Straße (in beide Fahrtrichtungen) oder über den weiteren Verlauf der Niemöllerstraße verteilen. Da aber die Verlängerung der Fahrtwege mittelfristig zu einer Verringerung des Verkehrsaufkommens aus Richtung der Stadt führen wird, sollte die Belastung der Anwohner in einem akzeptablen Bereich bleiben. Stattdessen dürfte für die Fahrten in Richtung Wiesenburg die Puschkin-Straße stärker genutzt werden; ebenso die Parkplätze außerhalb der Altstadt, weil Besucher die lästigere Ausfahrt aus der Stadt meiden wollen.
Am Montag, den 07.09.2020 wurde der entsprechende Antrag der SPD im Ausschuss für Stadtentwicklung erstmalig diskutiert. Mehrheitlich wurde der neuen Verkehrsführung für einen Probezeitraum von 6 Monaten zugestimmt. Die SPD-Fraktion hofft, dass der Antrag auch in der Stadtverordnetenversammlung nunmehr Zustimmung findet. Im Ergebnis dürfte die Altstadt insbesondere weniger Durchgangsverkehr aufweisen und damit an Attraktivität gewinnen.